Ein Steuerpflichtiger, der für seine Werkleistung keine Steuern zahlt, leistet Schwarzarbeit gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG. Wie bekannt sein sollte, hat ein solcher Verstoß die Nichtigkeit des Werkvertrages (§ 134 BGB) mit weitreichenden Konsequenzen für beide Vertragsseiten zur Folge (siehe DAB 10.2018, „Risiko Schwarzarbeit“ und DAB 04.2016, „Vertrag nichtig!“): So verliert der Auftraggeber seine Gewährleistungsansprüche, der Auftragnehmer seinen Vergütungsanspruch – auch eventuelle Rückforderungsrechte können meist nicht mehr durchgesetzt werden.
So verwehrte auch das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig in seinem Beschluss vom 7. Januar 2019 einem Auftraggeber die Rückforderung eines Kostenvorschusses. Diesen hatte der Auftraggeber dem Auftragnehmer für die Beseitigung von Mängeln bar gezahlt und im Gegenzug eine Quittung erhalten, die jedoch die Mehrwertsteuer nicht auswies. Der Vorschuss wurde zudem nach Abschluss der Arbeiten in der Rechnung nicht aufgeführt. Das OLG kommt zu dem Schluss, dass dem Auftraggeber bewusst war, dass der Auftragnehmer diesen Teil der Vergütung nicht habe versteuern wollen. Zudem war er damit auch einverstanden, da er nicht auf eine vollständige Rechnung bestanden habe.
Der Umstand, dass die Barzahlung quittiert worden sei, beseitige nicht den Zweck einer Schwarzgeldzahlung. Auf der Quittung sei nämlich gerade nicht die Mehrwertsteuer und auch kein Betreff aufgeführt worden. Die Quittung sei damit für die Dokumentation gegenüber Behörden und Finanzämtern offensichtlich ungeeignet. Auch dem Einwand, dass die Barzahlung zwischenzeitlich ordnungsgemäß verbucht und der Auftragnehmer seiner Steuerpflicht nachgekommen sei, erteilt das OLG eine Absage. Denn auch für Abschläge gelte die Rechnungslegungs- und Vorauszahlungspflicht des Unternehmers. Da der Auftragnehmer für die Barzahlung keine Rechnung ausgestellt habe, habe er jedenfalls seine Zahlungspflicht innerhalb des Voranmeldezeitraums nicht erfüllt.
Wie weitreichend die Folgen einer Schwarzgeldabrede sind, zeigt auch eine Entscheidung des LG Erfurt. Das Landgericht urteilte, dass Gewährleistungsansprüche auch nicht gegenüber dem Bauunternehmer geltend gemacht werden können, wenn ein wegen einer Schwarzgeldabrede nichtiger Generalplanervertrag mit dem Architekten vorliegt. Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verbiete dabei eine bloße Kürzung der Haftungsansprüche. Vielmehr sei die Haftung des Bauunternehmers vollumfänglich ausgeschlossen.
Architekten sollten beachten, dass ein Gericht einen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG in Verbindung mit § 134 BGB auch von Amts wegen prüfen kann, sofern entsprechende Indizien wie Arbeiten erheblichen Umfangs ohne schriftliche vertragliche Grundlage vorliegen: zum Beispiel Barzahlungen ohne Rechnung oder Vereinbarung eines Stundensatzes, der deutlich unter den Stundensätzen liegt, die bei ordnungsgemäß mit Steuern und Abgaben belegten Geschäften üblich sind.
OLG Schleswig, Beschluss vom 7. Januar 2019, Az.: 7 U 103/18
LG Erfurt, Urteil vom 11. März 2019, Az.: 10 O 1069/12
Baustellenprotokoll nicht widersprochen: Inhalt ist anerkannt
Erhält der Auftragnehmer vom Auftraggeber ein Baustellenprotokoll zugesandt, dessen Inhalt von den tatsächlichen Festlegungen der Baustellenbesprechung abweicht, muss der Auftragnehmer unverzüglich widersprechen, anderenfalls der Inhalt als von ihm genehmigt gilt und ihm spätere Einwendungen abgeschnitten sind.
Das Kammergericht Berlin hat in einem neueren Urteil entschieden, dass Baustellenprotokolle wie kaufmännische Bestätigungsschreiben zu behandeln sind. Das bedeutet, dass der Auftragnehmer, dem vom Auftraggeber - auch über seinen Architekten oder Projektsteuerer - ein Protokoll über eine Baustellenbesprechung zugeschickt wird, dem Inhalt unverzüglich, d.h. innerhalb von ca. 2 bis 3 Tagen, widersprechen muss, wenn darin Angaben enthalten sind, die nicht den Tatsachen entsprechen. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn im Protokoll z.B. Fristen zur Leistungserbringung des Auftragnehmers enthalten sind, die von diesem nicht zugesagt worden sind oder wenn z.B. Mängel als bestehend ausgewiesen werden, die der Auftragnehmer nicht anerkannt hat. Erfolgt kein Widerspruch durch den Auftragnehmer, ist dieser an die - falschen - Angaben im Protokoll gebunden, weil sie wegen seines Schweigens als nachträgliche Genehmigung - und gegebenenfalls auch als nachträgliche Vertragsänderung - gelten. Das Kammergericht hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Rechtsfolge nicht nur den eigenen Interessen des Auftragnehmers, sondern "insbesondere den besonderen Anforderungen an ein redliches Verhalten bei der Abwicklung eines Bauvertrages" entspricht.
Voraussetzung ist allerdings, dass zum einen das Protokoll dem Auftragnehmer zeitnah zu der Baustellenbesprechung zugegangen ist, d.h. nicht erst nach mehreren Wochen. Zum anderen darf es sich nicht um so weitgehende Abweichungen des Protokollinhaltes vom tatsächlichen Geschehen handeln, dass mit einem Einverständnis des Auftragnehmers vernünftigerweise nicht zu rechnen ist. Was unter "vernünftigerweise" zu verstehen ist, ist nicht genau definiert und damit Auslegungssache. Jedem Unternehmer ist deshalb dringend zu raten, in jedem Falle einem zu seinen Lasten oder zu seinem Nachteil abweichenden Inhalt eines Baustellenprotokolls unverzüglich zu widersprechen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen will, dass der Nachteil bei ihm verbleibt.
Autorenhinweis
Die Autorin, Frau Prof. Inge Jagenburg, Lehrbeauftragte für Bau- und Architektenrecht, ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Jagenburg Berding Rechtsanwälte und spezialisiert auf Bau-, Architekten- und Immobilienrecht sowie auf Vergaberecht. Die 1971 gegründete Kanzlei ist bundesweit tätig und hat Büros in Köln, Berlin und Dresden. Weitere Schwerpunkte der Kanzlei bestehen im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht, im Wohnungseigentums- und Mietrecht.
Jagenburg ▪ Berding Rechtsanwälte
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OLG Brandenburg, 29.09.2015, 11 U 86/15
Werbeaussage Bedeutung für Gewährleistung
1. Im werkvertraglichen Gewährleistungsrecht können Werbeaussagen als Begleitumstände für die Vertragsauslegung erhebliche Bedeutung erlangen und zu einer stillschweigenden
Beschaffenheitsvereinbarung führen, wenn sie - dem Werkunternehmer erkennbar - für den Auftraggeber von erheblicher Bedeutung sind.
2. "Hagelsicher" bedeutet, dass Hagelschlag dem Material (hier: Metalldachpfannen) "nichts anhaben kann". Die Hagelsicherheit ist dabei nicht nur darauf beschränkt, dass die Eindeckung durch Hagel
nicht "zerstört" wird. Die berechtigte Erwartungshaltung geht vielmehr dahin, dass Hagelschlag nicht zu einer Verschlechterung der Dachpfannen oder zu einer Verkürzung der
"Lebenserwartung" führt.
BGH, 30.07.2015, VII ZR 70/14
Baumangel /Baurecht
Ein Mangel liegt auch dann vor, wenn eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit nicht zu einer Beeinträchtigung des Werts oder der Gebrauchstauglichkeit des Werks führt.
OLG Celle, 05.03.2015, 6 U 101/14
Architektenhaftung
1. Der bauüberwachende Architekt hat darauf zu achten, dass das Dach regensicher errichtet wird.
2. Wird der Architekt mit der Erbringung der Leistungsphasen 1 bis 8 gemäß § 15 HOAI 1996 beauftragt und werden ihm innerhalb der Gewährleistungsfrist Baumängel angezeigt, trifft den Architekten eine Untersuchungs- und Mitteilungspflicht.
3. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung der Untersuchungs- und Mittei-lungspflicht verjährt innerhalb von zehn Jahren ab Kenntnisnahme von der Verantwortlichkeit des Architekten.
OLG Jena - LG Erfurt, 24.07.2013, 7 U 142/13
Gewährleistungsrecht /Baurecht
Vereinbaren die Parteien eines Bauvertrags, dass die Mängelbeseitigung an den Objekten nunmehr eigenständig vom Auftraggeber durchgeführt wird und der Auftragnehmer im Gegenzug keinerlei finanzielle
Forderungen gegenüber dem Auftraggeber mehr hat, ist der Auftraggeber mit sämtlichen Mängelansprüchen ausgeschlossen.
BGB §§ 133, 157, 635, 637 Abs. 3
OLG Stuttgart, 28.01.2016, 5 U 156/13
Ansprüche nach gerechtfertigter Kündigung durch AN
Wird der Bauvertrag vom Auftragnehmer berechtigter Weise gekündigt, stehen dem Auftraggeber zwar noch Beseitigungsansprüche im Hinblick auf Mängel an der bereits erbrachten Teilleistung zu. Das gilt jedoch nicht wegen noch nicht fertiggestellter Leistungen.
OLG Jena - LG Meiningen, 26.11.2015, 1 U 201/15
Verjährung /Baumängelrecht
1. Die Verlängerung der Verjährungsfrist von Mängelansprüchen im VOB-Vertrag setzt eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung durch den Auftraggeber voraus.
2. Auch im Rahmen des Mängelbeseitigungsverlangens nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 VOB/B ist eine Stellvertretung zulässig. Erforderlich ist aber das Vorliegen einer Bevollmächtigung sowie die
Erkennbarkeit, dass als Bevollmächtigter gehandelt wird.
3. Eine Mängelrüge per E-Mail erfüllt das Schriftformerfordernis des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B nicht, sofern keine qualifizierte elektronische Signatur vorliegt. Mit einer einfachen E-Mail kann
deshalb die Verjährungsfrist für Mängel nicht wirksam verlängert werden (im Anschluss an OLG Frankfurt, IBR 2012, 386).
BGB §§ 126, 126a, 164, 203, 214 Abs. 1
VOB/B § 13 Abs. 1 Nr. 5
OLG München - LG München I, 03.11.2015, 9 U 2777/11
Mängelbeseitugungskosten /Baumängelrecht
1. Vor Durchführung der Sanierung kann nur Zahlung der sicher mindestens anfallenden Mangelbeseitigungskosten verlangt werden.
2. Gibt es mehrere etwa gleichwertige bauliche Sanierungsvarianten, kann nur die weniger Kosten verursachende zu Grunde gelegt werden.
BGB § 249 Satz 2
OLG Hamm - LG Detmold, 06.8.2015, 17 U 130/12
Entschädigungspflicht /Vergaberecht
1. Hat der Bieter - wie es insbesondere bei der funktionalen Leistungsbeschreibung der Fall ist - die technisch, wirtschaftlich und gestalterisch beste sowie funktionsgerechte Lösung der Bauaufgabe zu erarbeiten, werden ihm umfangreiche Vorarbeiten abverlangt, bevor er die Preise berechnen kann. Diese Vorarbeiten, die eigentlich in den Aufgabenbereich des Auftraggebers fallen, lösen eine Entschädigungspflicht aus.
2. Der Verpflichtung zur Festsetzung einer angemessenen Entschädigung kann sich der Auftraggeber nicht durch eine entsprechende Formulierung der Vergabebedingungen entziehen.
3. Die Höhe der festzusetzenden Entschädigung richtet sich nach den üblicherweise für die Angebotsbearbeitung als Teil der allgemeinen Geschäftskosten kalkulierten Aufwendungen, die für die überobligationsmäßig erbrachten Leistungen unter normalen Umständen anzusetzen sind. Hierzu sind der voraussichtliche durchschnittliche Zeitaufwand für die geforderte Ausarbeitung sowie die üblicherweise kalkulierten Personal- und Materialkosten zu ermitteln.
BGH, 02.06.2016, VII ZR v348/13
Zur Verjährung von Mängelansprüchen bei Auf-Dach-Photovoltaikanlagen Der u.a. für das Baurecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine auf dem Dach einer Tennishalle nachträglich errichtete Photovoltaikanlage, die mit der Halle fest verbunden ist, der Funktion der Halle dient und deshalb die für Arbeiten "bei Bauwerken" geltende lange Verjährungsfrist für Nacherfüllungsansprüche von fünf Jahren, § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB*, Anwendung findet. Die Klägerin betreibt auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück eine Tennishalle. Sie beauftragte 2004 die Beklagte mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Tennishalle. Die Photovoltaikanlage besteht unter anderem aus 335 gerahmten Modulen. Jedes Modul ist 1237 mm lang, 1082 mm breit, 38 mm hoch und hat ein Gewicht von 18 kg. Um die Module auf dem Dach anzubringen, errichtete die Beklagte eine Unterkonstruktion, die mit dem Dach fest verbunden wurde. Unterkonstruktion und Module waren so anzubringen, dass die Statik des Dachs durch das Eigengewicht der Anlage nicht beeinträchtigt wird und die Anlage sturmsicher ist. Zudem mussten die Montageelemente dauerhaft regendicht in die bestehende Dachdeckung eingefügt sein. Die Beklagte verkabelte die Module mit insgesamt ca. 500 m Kabeln, unter anderem um die Module mit im Innern der Halle angebrachten Wechselrichtern zu verbinden. Hierfür legte die Beklagte Kabelkanäle in das Innere der Halle. Die dafür notwendige Durchdringung des Dachs bzw. der Gebäudeaußenhaut musste dauerhaft witterungsbeständig und dicht sein. Von den Wechselrichtern legte die Beklagte Stromleitungen zu einem außerhalb der Halle befindlichen Zählerverteilungskasten. Hierfür waren Grabungsarbeiten in erheblichem Umfang notwendig. Ebenfalls im Innern der Halle errichtete die Beklagte eine Kontroll- und Steuerungsanlage, die sie mit den Wechselrichtern und den Modulen verkabelte und programmierte. Die Klägerin rügt die zu geringe Leistung der Anlage und verlangt eine Minderung um 25 % der Nettovergütung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag insbesondere mit dem Einwand weiter, der Anspruch der Klägerin auf Nacherfüllung sei verjährt, da die für Arbeiten bei Bauwerken geltende lange Verjährungsfrist von fünf Jahren keine Anwendung finde. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen, weil für den Nacherfüllungsanspruch der Klägerin die lange Verjährungsfrist von fünf Jahren Anwendung findet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt die lange Verjährungsfrist "bei Bauwerken", wenn das Werk in der Errichtung oder grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes besteht, das Werk in das Gebäude fest eingefügt wird und dem Zweck des Gebäudes dient. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Photovoltaikanlage wurde durch die Vielzahl der verbauten Komponenten so mit der Tennishalle verbunden, dass eine Trennung von dem Gebäude nur mit einem erheblichen Aufwand möglich ist. Darin liegt zugleich eine grundlegende Erneuerung der Tennishalle, die einer Neuerrichtung gleich zu achten ist.
-auf den nachfolgenden Seiten "Baurecht" und "Sturmschäden" finden Sie ausgewählte Urteile zu den Themen
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