OLG Brandenburg, 29.09.2015, 11 U 86/15
Werbeaussage Bedeutung für Gewährleistung
1. Im werkvertraglichen Gewährleistungsrecht können Werbeaussagen als Begleitumstände für die Vertragsauslegung erhebliche Bedeutung erlangen und zu einer stillschweigenden
Beschaffenheitsvereinbarung führen, wenn sie - dem Werkunternehmer erkennbar - für den Auftraggeber von erheblicher Bedeutung sind.
2. "Hagelsicher" bedeutet, dass Hagelschlag dem Material (hier: Metalldachpfannen) "nichts anhaben kann". Die Hagelsicherheit ist dabei nicht nur darauf beschränkt, dass die Eindeckung durch Hagel
nicht "zerstört" wird. Die berechtigte Erwartungshaltung geht vielmehr dahin, dass Hagelschlag nicht zu einer Verschlechterung der Dachpfannen oder zu einer Verkürzung der
"Lebenserwartung" führt.
BGH, 30.07.2015, VII ZR 70/14
Baumangel /Baurecht
Ein Mangel liegt auch dann vor, wenn eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit nicht zu einer Beeinträchtigung des Werts oder der Gebrauchstauglichkeit des Werks führt.
OLG Celle, 05.03.2015, 6 U 101/14
Architektenhaftung
1. Der bauüberwachende Architekt hat darauf zu achten, dass das Dach regensicher errichtet wird.
2. Wird der Architekt mit der Erbringung der Leistungsphasen 1 bis 8 gemäß § 15 HOAI 1996 beauftragt und werden ihm innerhalb der Gewährleistungsfrist Baumängel angezeigt, trifft den Architekten eine Untersuchungs- und Mitteilungspflicht.
3. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung der Untersuchungs- und Mittei-lungspflicht verjährt innerhalb von zehn Jahren ab Kenntnisnahme von der Verantwortlichkeit des Architekten.
OLG Jena - LG Erfurt, 24.07.2013, 7 U 142/13
Gewährleistungsrecht /Baurecht
Vereinbaren die Parteien eines Bauvertrags, dass die Mängelbeseitigung an den Objekten nunmehr eigenständig vom Auftraggeber durchgeführt wird und der Auftragnehmer im Gegenzug keinerlei finanzielle
Forderungen gegenüber dem Auftraggeber mehr hat, ist der Auftraggeber mit sämtlichen Mängelansprüchen ausgeschlossen.
BGB §§ 133, 157, 635, 637 Abs. 3
OLG Stuttgart, 28.01.2016, 5 U 156/13
Ansprüche nach gerechtfertigter Kündigung durch AN
Wird der Bauvertrag vom Auftragnehmer berechtigter Weise gekündigt, stehen dem Auftraggeber zwar noch Beseitigungsansprüche im Hinblick auf Mängel an der bereits erbrachten Teilleistung zu. Das gilt jedoch nicht wegen noch nicht fertiggestellter Leistungen.
OLG Jena - LG Meiningen, 26.11.2015, 1 U 201/15
Verjährung /Baumängelrecht
1. Die Verlängerung der Verjährungsfrist von Mängelansprüchen im VOB-Vertrag setzt eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung durch den Auftraggeber voraus.
2. Auch im Rahmen des Mängelbeseitigungsverlangens nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 VOB/B ist eine Stellvertretung zulässig. Erforderlich ist aber das Vorliegen einer Bevollmächtigung sowie die
Erkennbarkeit, dass als Bevollmächtigter gehandelt wird.
3. Eine Mängelrüge per E-Mail erfüllt das Schriftformerfordernis des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B nicht, sofern keine qualifizierte elektronische Signatur vorliegt. Mit einer einfachen E-Mail kann
deshalb die Verjährungsfrist für Mängel nicht wirksam verlängert werden (im Anschluss an OLG Frankfurt, IBR 2012, 386).
BGB §§ 126, 126a, 164, 203, 214 Abs. 1
VOB/B § 13 Abs. 1 Nr. 5
OLG München - LG München I, 03.11.2015, 9 U 2777/11
Mängelbeseitugungskosten /Baumängelrecht
1. Vor Durchführung der Sanierung kann nur Zahlung der sicher mindestens anfallenden Mangelbeseitigungskosten verlangt werden.
2. Gibt es mehrere etwa gleichwertige bauliche Sanierungsvarianten, kann nur die weniger Kosten verursachende zu Grunde gelegt werden.
BGB § 249 Satz 2
OLG Hamm - LG Detmold, 06.8.2015, 17 U 130/12
Entschädigungspflicht /Vergaberecht
1. Hat der Bieter - wie es insbesondere bei der funktionalen Leistungsbeschreibung der Fall ist - die technisch, wirtschaftlich und gestalterisch beste sowie funktionsgerechte Lösung der Bauaufgabe zu erarbeiten, werden ihm umfangreiche Vorarbeiten abverlangt, bevor er die Preise berechnen kann. Diese Vorarbeiten, die eigentlich in den Aufgabenbereich des Auftraggebers fallen, lösen eine Entschädigungspflicht aus.
2. Der Verpflichtung zur Festsetzung einer angemessenen Entschädigung kann sich der Auftraggeber nicht durch eine entsprechende Formulierung der Vergabebedingungen entziehen.
3. Die Höhe der festzusetzenden Entschädigung richtet sich nach den üblicherweise für die Angebotsbearbeitung als Teil der allgemeinen Geschäftskosten kalkulierten Aufwendungen, die für die überobligationsmäßig erbrachten Leistungen unter normalen Umständen anzusetzen sind. Hierzu sind der voraussichtliche durchschnittliche Zeitaufwand für die geforderte Ausarbeitung sowie die üblicherweise kalkulierten Personal- und Materialkosten zu ermitteln.
BGH, 02.06.2016, VII ZR v348/13
Zur Verjährung von Mängelansprüchen bei Auf-Dach-Photovoltaikanlagen Der u.a. für das Baurecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine auf dem Dach einer Tennishalle nachträglich errichtete Photovoltaikanlage, die mit der Halle fest verbunden ist, der Funktion der Halle dient und deshalb die für Arbeiten "bei Bauwerken" geltende lange Verjährungsfrist für Nacherfüllungsansprüche von fünf Jahren, § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB*, Anwendung findet. Die Klägerin betreibt auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück eine Tennishalle. Sie beauftragte 2004 die Beklagte mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Tennishalle. Die Photovoltaikanlage besteht unter anderem aus 335 gerahmten Modulen. Jedes Modul ist 1237 mm lang, 1082 mm breit, 38 mm hoch und hat ein Gewicht von 18 kg. Um die Module auf dem Dach anzubringen, errichtete die Beklagte eine Unterkonstruktion, die mit dem Dach fest verbunden wurde. Unterkonstruktion und Module waren so anzubringen, dass die Statik des Dachs durch das Eigengewicht der Anlage nicht beeinträchtigt wird und die Anlage sturmsicher ist. Zudem mussten die Montageelemente dauerhaft regendicht in die bestehende Dachdeckung eingefügt sein. Die Beklagte verkabelte die Module mit insgesamt ca. 500 m Kabeln, unter anderem um die Module mit im Innern der Halle angebrachten Wechselrichtern zu verbinden. Hierfür legte die Beklagte Kabelkanäle in das Innere der Halle. Die dafür notwendige Durchdringung des Dachs bzw. der Gebäudeaußenhaut musste dauerhaft witterungsbeständig und dicht sein. Von den Wechselrichtern legte die Beklagte Stromleitungen zu einem außerhalb der Halle befindlichen Zählerverteilungskasten. Hierfür waren Grabungsarbeiten in erheblichem Umfang notwendig. Ebenfalls im Innern der Halle errichtete die Beklagte eine Kontroll- und Steuerungsanlage, die sie mit den Wechselrichtern und den Modulen verkabelte und programmierte. Die Klägerin rügt die zu geringe Leistung der Anlage und verlangt eine Minderung um 25 % der Nettovergütung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag insbesondere mit dem Einwand weiter, der Anspruch der Klägerin auf Nacherfüllung sei verjährt, da die für Arbeiten bei Bauwerken geltende lange Verjährungsfrist von fünf Jahren keine Anwendung finde. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen, weil für den Nacherfüllungsanspruch der Klägerin die lange Verjährungsfrist von fünf Jahren Anwendung findet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt die lange Verjährungsfrist "bei Bauwerken", wenn das Werk in der Errichtung oder grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes besteht, das Werk in das Gebäude fest eingefügt wird und dem Zweck des Gebäudes dient. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Photovoltaikanlage wurde durch die Vielzahl der verbauten Komponenten so mit der Tennishalle verbunden, dass eine Trennung von dem Gebäude nur mit einem erheblichen Aufwand möglich ist. Darin liegt zugleich eine grundlegende Erneuerung der Tennishalle, die einer Neuerrichtung gleich zu achten ist.
-auf den nachfolgenden Seiten "Baurecht" und "Sturmschäden" finden Sie ausgewählte Urteile zu den Themen
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